|  | RechtsgrundlagenSowohl Coaching, Coach/Coachee als auch
              Coachausbildung ist keine geschützten Rechtsbegriffe, da weder
              das Grundgesetz noch einfach gesetzliche Normen Coaching als unbestimmten
              Rechtsbegriff aufgenommen haben.
            Insofern müssen vorhandene Rechte und Anspruchsgrundlagen mit
            der Thematik des Coaching ausgelegt werden.
 Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die vier Werte von Coaching
            nach der Hamburger Schule:
 
 1. Freiheit
 „Durch den Coachee, die Gruppe oder
            das Team selbst festgelegte nachhaltige Selbstlernkonzeption.“ Diese
            Freiheit betrifft die Eigenverantwortlichkeit, so dass jeder Coachee
            seine Interessen vor allem Ziele, Werte, Motive,
            Bedürfnisse vertritt und verfolgt. Diese Eigenverantwortlichkeit
            kann in der objektiven Werteordnung in verschiedenen Freiheitsrechten
            gefunden werden.
 
 Die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs.
            1 GG schützt
            nicht einen bestimmten Lebensbereich, sondern jegliches menschliche
            Verhalten. Diese Generalklausel ist daher subsidiär allen anderen
            speziellen Grundrechten, so dass das Auffanggrundrecht nur Bedeutung
            gewinnt, wenn kein Schutzbereich eines spezielleren Grundrechts einschlägig
            ist. Allerdings hat der Schutz seine Grenze in der verfassungsgemäßen
            Ordnung, die wiederum die Rechte anderer spezifizieren und das Sittengesetz
            enthalten. Coaching achtet auf eine klare Transparenz und das Bewusstsein
            auf die Verantwortlichkeiten im Coaching sowie die Möglichkeit
            der vertraglichen Beziehungen:
 Als wichtigstes Abwehrrecht kann das innominale allgemeine Persönlichkeitsrecht
            aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG zur freien Entfaltung der Persönlichkeit
            gesehen werden. Es schützt nicht nur den individuellen Achtungsanspruch
            einer Person, sondern auch die individuelle Lebensgestaltung. Dieses
            Freiheitsgrundrecht leitet sich aus der allgemeinen Handlungsfreiheit
            des Art. 2 Abs. 1 GG und der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1
            GG ab.
 
 Aus den Ansätzen des BGH und seiner Schachtbriefentscheidung
            vom 25.05.1954 (BGHZ 13, 334 (338 ff.) und den Folgeentscheidungen
            des BVerfG ab 1955 kategorisierte die Literatur das allgemeine Persönlichkeitsrecht
            nach wissenschaftlichen Ansätzen der Auslegung. Daher werden
            aus den Elementen der „Persönlichkeit“ und der „freien
            Entfaltung“ folgende drei Arten kategorisiert:
 
 a. das Recht der Selbstbestimmung
 b. das Recht Selbstbewahrung und
 c. das Recht der Selbstdarstellung
 
 Die Kategorien stellen gerade den Aspekt der Freiwilligkeit basierend
            auf dem optimistischen Menschenbild des Naturrechts als eigenes wichtiges
            Autonomierecht heraus. Geschützt sind vor allem das Recht am
            eigenen Bild, die informationelle Selbstbestimmung, die persönliche
            Ehre, das eigene Wort, der eigene Name sowie die Resozialisierung.
            Die persönliche Identität wird im Prinzip der Verhältnismäßigkeit
            unterteilt in die absolut geschützte Intimsphäre, die wenig
            schützenswerte
            Sozialsphäre und die relativ geschützte Privatsphäre,
            wobei vor allem letzterem eine Abwägung der widerstreitenden
            Interessen im Einzelfall vorgenommen werden muss. Coaching stärkt
            die persönliche Kompetenz und Handlungskompetenz, um nachhaltiges
            Selbstbewusstsein zu schaffen und das Bewusstsein für die eigenen
            persönlichen angreifbaren Aspekte zu setzen. Folgendes wird
            hervorgehoben:
 Niemand darf ohne Einwilligung des Betroffenen das Bildnis oder ein
            Bild anfertigen, verwenden und weitergeben (vgl. §§ 22
            ff. KUG, § 201a StGB). Personenbezogene Informationen sind vertraulich
            und geheim zu behandeln, so dass ein Ausspähen, Abfangen, unbefugtes
            Speichern usw. verboten ist (vgl. BDSG, §§ 100 ff. StPO).
            Darüber hinaus darf niemand beleidigt und diffamiert werden
            (vgl. §§ 185 ff. StGB). Das mündliche und schriftliche
            Wort darf nicht entstellt werden, so dass eine Pflicht zur Zitattreue
            und Namensnennung des Urhebers/Autors besteht.
 
 Zusätzlich kann die Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1
            S. 1 HS 2 GG herangezogen, die gewährt, dass sich jeder frei
            aus jeder Quelle unterrichten kann. Man darf sich über jeden
            Aspekt und über jede Person informieren. Jenes Recht hat seine
            Grenze wie die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 2 GG und deren bedeutsamsten
            Schranke der allgemeinen Gesetze. Insbesondere müssen geheime
            Daten, persönliche Informationen einer Person und über
            eine Person geheim gehalten werden. Daher ist der Datenschutz aus
            der informationellen Selbstbestimmung des innominalen allgemeinen
            Persönlichkeitsrechts die wichtigste Begrenzung der Informationsfreiheit.
            Coaching vermittelt Vertrauen und Verschwiegenheit, so dass sich
            vor allem der Arbeitgeber / der Betriebsrat und andere Dritte keine
            Informationen
            aus einem vertraulichen und persönlichen Coaching  beschaffen
            dürfen.
 
 Wer sich im beruflichen Kontext freiwillig verändern möchte
            tangiert damit seinen Beruf. Die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG schützt
            sowohl die Berufswahl als auch die Berufsausübung, sog. Erwerb.
            Unter Beruf wird - seit dem Apothekenurteil des BVerfG vom 11.06.1958
            - jede auf Dauer geplante, wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit
            verstanden, die einen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung
            bietet und die eigene Lebensgrundlage sichert. Aus der Wahl des Berufes
            ist die Ausübung aus der Natur der Sache ebenfalls mitgeschützt.
            Insbesondere fallen hier die Form, die Mittel und der Umfang aber
            auch die schlichte Betätigung unter die tatsächliche Berufsausübung.
            Der Schutz findet seine Grenzen nach der Dreistufenlehre in a. Berufsausübungsregelungen,
            b. subjektive Berufswahlbeschränkungen und c. objektive Berufswahlbeschränkungen
            mit jeweils bestimmten angemessenen Schranken. Coaching vermittelt
            die erforderlichen Kompetenzen zum Coach.
 
 2. Freiwilligkeit
 „Der Coachee, die Gruppe oder das
            Team entscheiden ihre Veränderungsthematik
            und den Zeitpunkt.“ Diese Freiheit betrifft die freie
            Entscheidung über
            das Coaching, mit dem Coach zu einem bestimmten Coachingthema und
            bestimmten Zeiten. Dies setzt voraus, dass keine Manipulation vorgenommen
            wird, der Coachee weder bedrängt, getäuscht noch bedroht
            wird. Die Entscheidungsfreiheit kann in der objektiven Werteordnung
            wie folgt entdeckt werden:
 
 Einerseits ist damit die Freiheit der Person
            gem. Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG als körperliche Bewegungsfreiheit betroffen. Es umfasst
            das Recht, dass eine Person jeden beliebigen - nahen oder fernen – Ort
            aufzusuchen und negativ jeden beliebigen Ort zu meiden. Daher muss
            man dort nicht blieben, wo man nicht bleiben will. Daher hat der
            Coachee das Recht, das Coaching zu terminieren und zu determinieren.
 
 Zusätzlich ist auf das innominale allgemeine Persönlichkeitsrecht
            und vor allem der Ausprägung der informationellen Selbstbestimmung
            zu verweisen, da niemand das Recht hat, ohne Einwilligung des Betroffenen über
            Daten zu dieser Person zu verfügen. Insofern sollte ein Arbeitgeber,
            Chef, Betriebsrat oder Partner das Coachingthema für ein individuelles
            Einzelcoaching nicht einseitig festlegen.
 
 Andererseits ist die Meinungsfreiheit
            gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 HS 1 GG das gewährleistete subjektive
            Recht auf freie Rede, Äußerung
            und (öffentliche) Verbreitung einer Meinung in Wort, Schrift
            und Bild sowie allen weiteren verfügbaren Übertragungsmitteln.
            Die Meinung findet ihre Grenze nach Art. 5 Abs. 2 GG in
 
 a. den allgemeinen Gesetzen
 b. den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und
 c. in dem Recht der persönlichen Ehre
 
 Differenziert wird zwischen der Tatsachenbehauptung (Äußerung über
            objektivierbare Feststellungen) und dem Werturteil (subjektive Äußerung
            ohne Tatsachenkern). Coaching vermittelt den sozialen und kommunikativen
            Umgang mit anderen Personen und das Bewusstsein, niemanden zu beleidigen
            und zu mobben. Die Meinungsfreiheit steht sowohl dem Coachee bei
            der Reflexion über Themen, Menschen und Kontexten sowie dem
            Coach in der mentalen Vorbereitung auf sein Coaching und der mentalen
            Hypothesenbildung zu.
 
 Subsidiär ist die allgemeine Handlungsfreiheit
            aus Art. 2 Abs. 1 GG betroffen.
 
 3. Ressourcenverfügung
 Der Coachee, die Gruppe oder das Team haben selbstständigen
            Zugriff auf die Ressourcen, die zur Selbstorganisation und Veränderungsrealisierung
            benötigt werden. Diese Freiheit ergänzt den oben genannten
            objektiven Wert der Freiheit im Coaching und kann in der Hierarchie
            der Rechtsnormen mit dem einfachen nationalen Recht gleichgesetzt
            werden.
 
 Parallelen können mit der Höchstpersönlichkeit eines
            Rechtsgeschäftes gezogen werden, so dass eine Stellvertretung
            i.S.d. § 164 ff. BGB nicht möglich und rechtsunwirksam
            wäre.
 
 4. Selbststeuerung
 Der Coachee, die Gruppe oder das Team sind in der Lage Veränderungsanforderungen
            selbst zu erkennen und selbst zu realisieren. Diese Freiheit ergänzt
            den oben genannten objektiven Wert der Freiwilligkeit und der Freiheit
            im Coaching und kann in der Hierarchie der Rechtsnormen mit dem einfachen
            nationalen Recht gleichgesetzt werden.
 
 Parallelen können mit den Willensformen einerseits von Willenserklärungen,
            (beschränkter) Geschäftsfähigkeit der §§ 104
            ff. BGB von Vorsatz und Fahrlässigkeit sowohl in zivilrechtlichen
            vgl. § 276 ff. BGB als auch in strafrechtlichen Kontexten gezogen
            werden.
 
 In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass die Vertraulichkeit
            nicht positiv genannt wird. Da dieser Wert aufgrund der persönlichen
            und individuellen Thematik ebenso wichtig ist, soll diese Lücke
            geschlossen werden. Hinweise werden vor allem in der Freiheit und
            der Freiwilligkeit des Coaching entnommen werden, des Weiteren existiert
            die Differenzierung der Verantwortlichkeiten des Coachs und des Coachee,
            aber auch der Einheit von kognitiver Einsicht und emotionaler Lust.
 
 Autorin: Nina Meier
 - Rechtsanwältin -
 
 
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